„Mit einer gewissen Trauer habe ich in der letzten Zeit gelesen, dass das Briefe- oder Postkartenschreiben immer mehr aus der Mode kommt. Gewiss, ich gehöre vielleicht zu den ganz extremen
Postkartenschreibern. Vielleicht ist es sogar eine kleine schriftstellerische Herausforderung, dass ich mich bemühe, auch an einem Urlaubsort, von dem ich schon öfter Karten verschickt habe,
wieder ein originelleres Unikat zu liefern als: „Wir sind gut angekommen. Es ist sehr schön hier. Verpflegung und Essen bestens. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen...“. Wenn ich auch heute noch
manchmal in Schulen gehe und mit den Kindern ins Gespräch komme, sage ich den Kindern immer wieder auf die Frage, wie man Schriftsteller wird: „Jeder hat einmal klein angefangen. Versuchs doch
mit einer kleinen originellen Postkarte, die du sogar mit einer kleinen Zeichnung ausmalen kannst, an Freunde und Verwandte“. Was mich betrifft, freue ich mich nach wie vor über ein paar Zeilen,
die ich hin und wieder bekomme und kann wirklich versichern, dass ich noch immer, wenn ich in meiner Unordentlichkeit nicht etwas verschlampe, auf jede Zuschrift geantwortet habe. Es ist
natürlich auch ein Zeichen des Alters, dass Briefe und Kartengrüße immer seltener werden. Sollte es mir aber so gehen, wie demjenigen 95-jährigen, der klagt dass er beim letzten Klassentreffen
allein war, dann schreib ich mir halt selber mal einen Brief, auf den ich ganz bestimmt antworten werde.“
Helmut Zöpfl